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OB Czisch beim Schwur

Oberbuergermeister Gunter Czisch vom 11.07.20182 Kommentare

Es geht nur mit Zusammenhalt!

 

Der Schwörmontag ist Höhepunkt und Hochfest des Ulmer Stadtjahres. An diesem Tag feiern wir unsere Stadt. Er ist Ausdruck unseres Stolzes auf die glanzvolle Vergangenheit Ulms. Und er ist Ausdruck unseres Glaubens an die Zukunft unserer Stadt. Er ist der Tag im Ulmer Jahr, an dem wir uns gemeinsam darauf besinnen, woher wir kommen, wer wir sind, wohin wir gehen und vor allem, wofür wir stehen.

Aber wofür stehen wir heute im Jahr 2018 - in Europa, in Deutschland und auch hier in Ulm? In den letzten Monaten und Jahren haben sich fraglos Risse offenbart. Die Einheit der Europäischen Union ist in Gefahr. Aber auch vor Ort gibt es mitunter große Meinungsunterschiede über gesellschaftliche Themen, die leider immer häufiger mit so nicht gekannter Härte und Unversöhnlichkeit ausgetragen werden.

Vier Entwicklungen sind dafür verantwortlich:

  • Erstens, die Lage beim Thema Einwanderung und Integration. Viele Bürger sind verunsichert durch die Misserfolge bei der Integration von Flüchtlingen, vorallem denjenigen, die ihr Bleiberecht offensichtlich nicht zu schätzen wissen.
  • Zweitens ist da etwas, was viele Bürger als Gerechtigkeitslücke empfinden. Das Gefühl mangelnder Gerechtigkeit richtet sich sowohl nach oben als auch nach unten.
  • Drittens, sind da Globalisierung und Digitalisierung mit ihren Auswirkungen auf die Arbeits- und Lebenswelt, die den radikalen Wandel befeuern. Viele fragen sich, wie lange es noch dauert, bis der eigene Job von Robotern übernommen wird. Die Furcht vor Jobverlust und sozialem Abstieg führt zur Entsolidarisierung der Gesellschaft. Die Angst ums Eigene verstellt den Blick auf das Gemeinsame.
  • Viertens ist da die kulturelle Entfremdung zwischen Oben und Unten. Zur alten Trennlinie zwischen Arm und Reich ist eine neue Trennlinie hinzugetreten: Die Trennlinie zwischen einem großen Teil der sogenannten Eliten in Politik, Wirtschaft, Kultur und Medien und vielen Bürgern.

Wenn diese Analyse zutrifft, dann kann das vorrangige Ziel von Politik nur sein, alles zu tun, um den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu stärken, auf allen Ebenen, auch und gerade auf der kommunalen.

Aber was hat das mit dem Schwörmontag zu tun? Wahrscheinlich fällt es vielen von uns gar nicht mehr auf, aber am Schwörmontag spielt es keine Rolle, ob man arm oder reich ist, ob man in Ulm geboren ist oder nicht. Es spielt auch keine Rolle an welchem Ende des Parteienspektrums man sich verortet. Nein, am Schwörmontag zählt nur, ob man zur Identität dieser Stadt steht und Teil von ihr sein möchte. Und dieses typisch Ulmische war immer, dass wir selbstbewusst genug sind, Dinge in die eigene Hand zu nehmen, Probleme selbst anzugehen und zu lösen.

Wenn es uns gelänge, an den übrigen Tagen des Jahres ähnlich schrankenlos miteinander umzugehen und mehr die Gemeinsamkeiten als das Trennende zu suchen, wäre viel erreicht. Es wäre ein guter Anfang, um den Zusammenhalt wieder herzustellen, der uns in den letzten Jahren etwas verloren gegangen ist.

Kommentare(1)

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  1. Ralf Rath

    Laut Hegel ist alles, was das menschliche Leben zusammenhält, geistiger Natur. Nicht von ungefähr warnt Marcuse schon seit bald einhundert Jahren eindringlich vor der Ausrottung eines Geistes, der unter großen Mühen aus der Lebensnot geboren ist. Spricht sich angesichts dessen heute der Ulmer Oberbürgermeister Czisch dafür aus, den Zusammenhalt zu stärken, ist jeder Bürger aufgefordert, schleunigst in den dadurch zumindest wissenschaftlich inkriminierten Praktiken innezuhalten, die geistige Arbeit unmöglich machen. Findet eine Praxis kein Ende, die nach Kräften den gesellschaftlichen Zerfall befördert, nimmt es nicht wunder, wenn allen voran der Daimler AG politisch keine andere Wahl mehr bleibt, als gezwungenermaßen ihr Forschungszentrum auf dem Oberen Eselsberg aufzulösen und das dortige Personal auf Standorte zu verteilen, die geringere Restriktionen gewärtigen müssen.

    1. Ralf Rath

      Dem vergangenen Herbst angekündigten Ende des wissenschaftlichen Arbeitens auf dem Oberen Eselsberg unter dem Dach der Daimler AG ging übrigens die Schließung des geistes- und sozialwissenschaftlichen Forschungszentrums in Blaubeuren voraus. Walter Jens erkannte im einstigen Heinrich-Fabri-Institut zwar eine autoritative Setzung, die "gegenüber den dominierenden Natur- und Technikwissenschaften die Eigenständigkeit und Erneuerungskraft der Humandisziplinen bis hin zur Medizin unterstreicht". Nachdem aber kein Einspruch dagegen erhoben wurde, den Betrieb einer Forschungsstätte stillzulegen, deren Gegenstand die gegebenen Voraussetzungen sozialer Effizienz waren, fehlt nicht zuletzt dem in Untertürkheim ansässigen Konzern inzwischen jeglicher Maßstab dafür, ob das Management die Gelder, wie vom Souverän unabweisbar verlangt, noch gewinnbringend investiert oder die finanziell frei werdenden Mittel nicht bloß einem völlig blinden Schicksal überanwortet. Das frühere Streikkomitee bei der Videocolor GmbH kritisierte den auf diese äußerst undemokratische Weise eintretenden Mangel schon damals zu Beginn des Jahres 1982 als "perfekten Mord". Die von Oberbürgermeister Czisch angesprochene Frage des Zusammenhalts ist demnach in der Region sehr viel komplexer und vor allem historisch längst nicht zufriedenstellend beantwortet.