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Biografie Prof. Dr. Ludwig Heilmeyer (06.03.1899-06.09.1969)

Ludwig Heilmeyer wurde 1925 an der Universität München promoviert und nach Kriegsende an der Universität Düsseldorf zum ordentlichen Professor ernannt. Von 1946 bis 1967 hatte er den Lehrstuhl für Innere Medizin am Universitätsklinikum Freiburg inne und wurde dessen Direktor. Nach seiner Emeritierung wurde er 1967 Gründungsrektor der Universität Ulm. Auf seine Initiative begann der Aufbau von Schloss Reisensburg als Wissenschaftszentrum der Universität Ulm.

Zu seinen Verdiensten zählen die Einführung der Psychosomatik in der Lehre, die Förderung psychotherapeutischer Behandlungsverfahren und die Begründung der qualitativ-chemischen Hämatologie. Er ist der Erstbeschreiber der chronischen Erythroblastose, die unter dem Namen "Heilmeyer-Schönersche Erkrankung" bekannt ist. Auch die Zytostatika-Therapie bei Leukämien, die Anwendung von Tuberkulostatika bei Tuberkulose, der Einsatz von Radioisotopen in Diagnostik und Therapie sowie der Aufbau der Nuklearmedizin im Universitätsklinikum Freiburg und die Gründung der Gesellschaft für Nuklearmedizin gehen auf ihn zurück.

Heilmeyer ist vielfach gewürdigt worden, so hatte er die Ehrendoktorwürden der Universitäten Athen, Frankfurt am Main, Löwen, Santiago de Chile und Wien inne. 1960 erhielt er den Robert Koch-Preis und die Robert-Koch-Medaille und 1964 das Große Bundesverdienstkreuz

  • Im Mai 1919 trat Ludwig Heilmeyer in das rechtsextreme paramilitärische "Freikorps Epp" ein und war an der blutigen Niederschlagung der Münchener Räterepublik beteiligt, bei denen viele unschuldige Zivilisten getötet wurden. Er blieb Zeitfreiwilliger im Freikorps Epp bis zu dessen Auflösung im Herbst 1920.
  • Im Mai 1933 wurde Ludwig Heilmeyer Förderndes Mitglied der SS (FM-SS).
  • Am 1. Mai 1933 trat Ludwig Heilmeyer in den "Stahlhelm" ein, einen republikfeindlichen, paramilitärischen Wehrverband.
  • Am 15. Oktober 1933 wurde er in die nationalsozialistische SA übernommen, dort hatte er den militärischen Rang eines 1. Sturmbannarztes inne (entsprach dem eines Majors).
  • Am 1. November 1933 wurde Heilmeyer mit dem Amt des Führers der Dozentenschaft an der Universität Jena betraut. Ihm oblag die sogenannte Gleichschaltung und Umsetzung des Führerprinzips an der Universität.
  • Seit 1933 versuchte Heilmeyer mehrfach in die NSDAP einzutreten. Diese Versuche scheiterten am Widerstand der NSDAP-Ortsgruppe und Kreisleitung in Jena, die ihm Opportunismus vorwarfen. Im Machtkampf innerhalb der thüringischen NS-Eliten denunzierte Heilmeyer einen Widersacher als „nichtarisch“.
  • Seit 1940 Anwärter im Nationalsozialistischen Deutschen Ärztebund.

Ab Mai 1943 arbeitete Ludwig Heilmeyer als beratender Internist beim Wehrmachtsbefehlshaber Ukraine und war in Rowno und Slavuta tätig. Zu Heilmeyers Aufgaben zählte unter anderem die Aufsicht über die Lager mit sowjetischen Kriegsgefangenen. Damit war Heilmeyer in leitender Position mitverantwortlich für die katastrophalen Lebensbedingungen und völlig unzureichende medizinische Versorgung der Gefangenen. Allein im Kriegsgefangenenlager südostlich der Stadt Slavuta mit dem Tarnnamen „Großlazarett 301“ verstarben 150.000 Menschen an Hunger und Epidemien. Heilmeyer war dort während einer Choleraepidemie im August 1943 tätig.

Im Nürnberger Kriegsverbrecherprozess hieß es zu dem Massensterben im Lager:

"Keinerlei objektive Umstände können all die Verhältnisse rechtfertigen, unter denen die Kriegsgefangenen im Lager lebten. Und dazu kommt noch, dass, wie aus den Akten hervorgeht, in der Stadt Slavuta große Mengen von Lebensmitteln in den deutschen Militärspeichern und große Vorräte an Medikamenten und Verbandmaterial in den Militärapotheken vorhanden waren."

Neben seiner Tätigkeit in der Wehrmacht übernahm Ludwig Heilmeyer am 7. Juni 1943 die Leitung der medizinischen Klinik bei der Regierung des Generalgouverneurs in Krakau und pflegte zum Generalgouverneur Hans Frank freundschaftliche Verbindungen, der beim Nürnberger Kriegsverbrecherprozess 1946 zum Tode verurteilt wurde. Frank führte ein äußerst brutales Besatzungsregiment, war verantwortlich für die Ermordung von hunderttausenden Polen, die Beschlagnahmung ihres Eigentums und die Deportation von etwa einer Millionen Zwangsarbeiter nach Deutschland. Weiterhin organisierte er die Verschleppung der polnischen Juden in Ghettos. Heilmeyer besuchte die nahe Krakau gelegene Stadt Tarnow, wo sich ein jüdisches Ghetto befand, dessen Bewohner im September 1943 in die Vernichtungslager deportiert wurden.

In der frühen Bundesrepublik distanzierte sich Ludwig Heilmeyer nicht von der NS-Vergangenheit, stattdessen zeigte sich eine Kontinuität von Verhalten und Einstellungen:

  • Unterstützung und Förderung von Kriegsverbrechern, so im Fall von Prof. Dr. Wilhelm Beiglböck (1905-1963), der Menschenversuche mit Meerwasser im Konzentrationslager Dachau begangen hatte. Ludwig Heilmeyer beteiligte sich an einem Gutachten gegen die Verurteilung Beiglböcks im Nürnberger Ärzteprozess und verhalf ihm später zu einer Chefarztstelle. Beiglböck verdiene, so Heilmeyer, "als Mensch, Arzt und Forscher unsere volle Anerkennung und Verehrung". Die Versuchspersonen wurden hingegen in rassistischer Weise diffamiert.
    Auch der KZ-Lagerarzt Dr. Kurt Plötner (1905-1984), der in den Konzentrationslagern Sachsenhausen und Dachau u.a. an Menschenversuchen beteiligt war, wurde nach dessen Flucht aus einem französischen Gefängnis von Heilmeyer 1952 an der Universitätsklinik Freiburg eingestellt.
  • Verschweigen von Verdiensten und Forschungen jüdischer Kollegen: Heilmeyer behauptete von sich selbst, die Paroxysmal nächtliche Hämoglobinurie (PNH) als erster beschrieben zu haben und ignorierte dabei die Forschungen von Felix Rosenthal (1885-1952).
    In den Jahren 1957-1969 wurde das „Handbuch der gesamten Hämatologie“ durch Heilmeyer und Anton Hittmair (1892-1986) herausgegeben, ohne dass der Erstherausgeber Hans Hirschfeld (1873-1944) erwähnt worden wäre, der 1944 im KZ Theresienstadt ermordet wurde.