Oberbürgermeister Gunter Czisch: "Das menschliche Miteinander hat plötzlich wieder Konjunktur"
Das Bild, das sich während der Schwörrede auf dem Weinhof bot, verdeutlichte ganz unmittelbar, auf welch drastische Art und Weise die Corona-Pandemie alle Bereiche unseres Lebens beeinflusst. Wo sich sonst Menschenmassen in den Seitengassen drängen, war nun Leere. Wo sonst 5.000 Menschen den Weinhof mit Leben füllen, verloren sich die 250 Gäste fast ein wenig.
Oberbürgermeister Gunter Czisch ging natürlich zu Beginn seiner Schwörrede auch auf die außergewöhnliche Umstände ein, die den Schwörmontag 2020 begleiten und prägen: "Wir alle erleben etwas in dieser Form vermutlich noch nie Dagewesenes: Eine seltsame Laune der Natur hat die ganze Menschheit gewissermaßen pandemisch vereint. Das Jahr 2020 ist deshalb ein Ausnahmejahr für die Menschheit. Als Ausnahmejahr wird es auch in die Ulmer Stadtgeschichte und die Geschichte des Schwörmontags eingehen."
Seinen besonderen Dank drückte Czisch den vielen "Helden des Alltags" aus, die mit ihrer Arbeit die Gesellschaft am Laufen gehalten haben. 125 von ihnen waren nach Vorschlägen aus der Bürgerschaft ausgelost und als Gäste zur Schwörrede eingeladen worden. "Heute sind Bürgerinnen und Bürger zu Gast, die sich selbstlos für andere engagiert haben. Es sind Menschen, die geholfen haben, die Schattenseiten dieser Pandemie für andere zu mildern, zum Beispiel für Menschen, die einsam oder krank sind. Auf dieses uneigennützige Engagement kann unsere Stadt stolz sein. Deshalb sage ich diesen Bürgern, stellvertretend für alle anderen, die wir nicht haben einladen können, im Namen aller Ulmerinnen und Ulmer unseren besonderen und besonders herzlichen Dank."
Oberbürgermeister Gunter Czisch stellte in seiner Rede fest, dass die Pandemie uns schlagartig vor Augen geführt hat, dass das menschliche Leben unsicher und unser Wohlstand zerbrechlich ist: "Nie dagewesene Einschränkungen in unseren zwischenmenschlichen Beziehungen haben uns erkennen lassen, dass selbst die vermeintlichen Selbstverständlichkeiten unseres Lebens in Wirklichkeit nicht selbstverständlich sind". All das stelle unsere Gesellschaft, aber auch jeden einzelnen, vor schwer zu meisternde Herausforderungen.
Und doch gäben die Erfahrungen der Krisenmonate auch berechtigten Anlass zur Hoffnung. Hätten sie doch gezeigt, dass die Gesellschaft weit solidarischer sei, als oftmals gemutmaßt werde. "Es war beeindruckend, wie viele Menschen anderen selbstlos geholfen haben. Das menschliche Miteinander hatte plötzlich wieder Konjunktur. Ja, für viele war das in unserer als egoistisch verschrienen Gesellschaft eine ganz neue Erfahrung. Wenn es uns, wenn es unserer Gesellschaft gelingt, wenigstens ein bisschen davon in die Zeit nach Corona hinüberzuretten, dann hätte diese Zeit der Prüfung sogar ihr Gutes gehabt."
Zum Ende seiner Rede blickte der Ulmer Oberbürgermeister durchaus optimistisch nach vorne: "Ein Ausnahmejahr wie das diesjährige verlangt nach einer Antwort auf die Frage, wie es in unserer Stadt jetzt und nach Corona weitergehen kann. Wir alle kennen schon die Antwort. Auf die Ulmische Art! Auf die Art also, wie wir Ulmer mit Niederlagen und Rückschlägen umgehen und in der Vergangenheit umgegangen sind. Mit Elan, Zuversicht und der unzerstörbaren Einstellung, dass wir am besten fahren, wenn wir die Dinge selbst in die Hand nehmen."