Navigation und Service

Springe direkt zu:

Ulmer Wald und Klimawandel

Bäume mit schlanken, hohen Stämmen.

Waldökosysteme sind zwar grundsätzlich sehr anpassungsfähig gegenüber Umweltveränderungen. Jedoch haben die letzten trockenen und heißen Jahre zu Schäden in den Wäldern geführt, "wie wir sie seit der Gründung der Bundesrepublik noch nicht erlebt haben. Die Anzeichen des Klimawandels sind in der Region Ulm deutlich sichtbar und spürbar", stellt der Ulmer Stadtförster Max Wittlinger fest. Sein Sachgebiet, die Untere Forst- und Landwirtschaftsbehörde, die bei der städtischen Liegenschaftsabteilung angesiedelt ist, betreut rund 1.800 Hektar Wald in städtischem und privatem Besitz.

Der Wald erhole sich derzeit aufgrund der aktuell hohen Niederschlagsmengen vom Stress der letzten drei Trockenjahre etwas. Bereits das kühle Frühjahr und die hohen Niederschlagsmengen der vergangenen Monate hätten die Situation deutlich entspannt, konstatiert der Forstwirt. Aber auch wenn der Wald gerade scheinbar "nur so vor Vitalität strotze", dürfe man sich von diesem oberflächlichen Eindruck nicht täuschen lassen.

Wittlinger schildert, wo die Probleme liegen: Die geschwächten Bäume seien anfällig für Pilzerkrankungen wie die Ahorn-Rußrindenkrankheit, die zum ersten Mal im vergangenen Jahr im Auewald "Rote Wand" aufgetreten sei. Dagegen sei der Borkenkäfer bereits seit Jahrzehnten ein Problem, das seit einigen Jahren aber rasant zunehme. Fast jede zweite geschlagene Ficht im Stadtwald sei betroffen. Sorgen bereiten auch die Eichenprozessionsspinner. Nicht nur, weil sie die befallenen Bäume schädigen, sondern weil die Gifthaare der Raupen Menschen gefährden. "Im Gögglinger Wald wurden deshalb Ruhebänke, die unter Eichen standen, auf andere Standorte mit anderen Baumarten verteilt. Ein Waldkindergarten musste sogar seinen Standort von einem von der Eiche dominierten Waldstück in einen anderen städtischen Wald verlegen", berichtet Wittlinger.

Für ihn ist der Bezug zum Klimawandel eindeutig. Seit rund zehn Jahren werde in der Region auch das Eschentriebsterben beobachtet, eine Pilzkrankheit, die sich von den baltischen Staaten über Polen nach Deutschland ausgebreitet hat. "Nach den bisherigen Erfahrungen sterben wohl sämtliche Eschen in den nächsten Jahren im Stadtwald ab." Da der Eschenanteil im Stadtwald Ulm mit 15 Prozent deutlich über dem Landesdurchschnitt von zwei Prozent liegt, fällt der Schaden in Ulm deutlich ins Gewicht, insbesondere in den Auewäldern an Donau und Iller.

Die städtische Fortverwaltung versucht gegenzusteuern. "Da wenig Hoffnung besteht, dass sich die Klimaerwärmung aufhalten lässt, versuchen wir mit waldbaulichen Instrumenten unseren Stadtwald vital zu erhalten und hin zu mehr Klimastabilität zu entwickeln", umreißt Wittlinger die Zielsetzung. So haben sich beispielsweise natürlich verjüngte, also durch Ansamung der herrschenden Altbäume aufgewachsene Sämlinge als besonders robust erwiesen, zudem setzt man bei der Stadt auf Baumartenvielfalt bei Aufforstungen und wählt Baumarten, die mit Trockenheit und Hitze besser zurechtkommen, wie zum Beispiel Traubeneiche, Roteiche, Kirsche, Spitzahorn, Schwarznuss, Elsbeere oder Esskastanie bei den Laubgehölzen und Douglasie und Lärche bei den Nadelhölzern.

Wittlinger bleibt daher, was den Ulmer Wald angeht, verhalten optimistisch, was auch daran liegt, dass mit einer Jahresdurchschnittstemperatur von 7,5°C und rund 750 Liter auf den Quadratmeter an Jahresniederschlag die Ausgangsbedingungen besser seien als andernorts. "Die Wälder um Ulm werden auch zukünftig einen wichtigen Beitrag zur Versorgung mit dem nachwachsenden Rohstoff Holz leisten. Sie produzieren gute Luft und sind Lebensraum für viele Tier- und Pflanzenarten. Daneben haben sie einen unschätzbaren Wert als Ort der Ruhe und Erholung, auch in der Zeit nach Corona", ist der Leiter der Unteren Forstbehörde Ulm überzeugt.