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Rede des Oberbürgermeisters vom Neujahrsempfang am 1. Januar 2024

Gunter Czisch spricht im Rathausfoyer mit Bürgern.

© picslocation

In seiner Ansprache im Rathaus am 1. Januar 2024 warf Gunter Czisch einen Blick nach vorn auf das Neue Jahr, aber auch zurück auf die vergangenen acht Jahre seiner Amtszeit. „Ich habe der Stadt Ulm sehr gerne und mit voller Kraft gedient und hoffe, dass dieses Amtsverständnis für Sie auch so erlebbar war“, sagte er. „Ulm ist in einer guten Ausgangsposition, um die Herausforderungen der Zukunft zu meistern, davon bin ich zutiefst überzeugt.“

„Liebe Bürgerinnen und Bürger aus Ulm und Neu-Ulm, liebe Gäste, sehr geehrter Herr Ehrenbürger, verehrte Abgeordnete, Mitglieder des Stadt- und Gemeinderats und der Ortschaftsräte,
lieber Dieter Lehmann vom Generationentreff Ulm Neu-Ulm und liebe Kollegin Katrin Albsteiger!

Ein ganz herzliches Willkommen an Sie alle, die Sie heute von beiden Ufern der Donau Zum Neujahrsempfang ins Ulmer Rathaus gekommen sind und meine besten Wünsche zum neuen Jahr! Seit 1985 feiern wir den Neujahrsempfang gemeinsam mit Neu-Ulm.

Unsere Städte richten diesen offenen Bürgerempfang alternierend aus, das heißt, ein Jahr feiern wir im Edwin-Scharff-Haus auf Neu-Ulmer Seite, im anderen Jahr wieder hier. Diese schöne Tradition zum Anfang eines jeden neuen Jahres ist ein gutes Zeichen für das selbstverständliche, enge Verhältnis, das unsere beiden Städte prägt. Ich freue mich, auch heute wieder viele vertraute Gesichter unter den Gästen zu sehen! Die Feiertage liegen nun hinter uns, morgen beginnt für die meisten wieder der Alltag.

Danken möchte ich den Rettungskräften, der Polizei, allen, die über die Feiertage Dienst hatten oder im Einsatz waren. Sie sorgen für öffentliche Sicherheit, eine anspruchsvolle Aufgabe, der sich Feuerwehr, Polizei, Rettungsdienste, Rotes Kreuz, THW, der ASB und viele mehr unermüdlich stellen. Dankeschön auch allen, die unsere Städte nach der Silvesternacht wieder von Müll und Unrat säubern, die hinter den Feiernden aufräumen, die ihren Job machen und ihn gut machen. Alle, Männer und Frauen, die im Hintergrund für ein funktionierendes Gemeinwesen und für unsere Sicherheit sorgen, verdienen unsere hohe Wertschätzung und unser aller Rückhalt. Herzlichen Dank für Ihren ganz besonderen Dienst! Zu diesem Anlass passt daher auch der Preis, den wir heute zum zweiten Mal verleihen und bei dem es um Zivilcourage zur Stärkung unserer Demokratie geht. Initiiert hat ihn der Generationentreff.

Was wird das Neue Jahr uns bringen? Das ist die sicherlich am Neujahrstag die am häufigsten gestellte Frage überhaupt. Noch ist das neue Jahr ein weitgehend unbeschriebenes Blatt. Weil es das letzte Mal ist, dass ich in dieser Position und bei diesem Anlass vor Ihnen stehe, erlauben Sie mir, ein wenig weiter auszuholen, als ich es sonst tue.

Wir blicken zurück auf ein Jahr mit vielen Highlights. Die Deutsche Meisterschaft der Basketballer ist eine Erfolgsgeschichte, die uns mit einer großartigen Feier auf dem Münsterplatz dauerhaft in Erinnerung bleiben wird. Am 20. Mai 2023 gelang nach 22 Jahren der Aufstieg in den Profifußball und ein sensationeller Drittliga- Start des SSV Ulm Fußball, es war das erfolgreichste Jahr in der jüngsten Vereinsgeschichte. Der Landesposaunentag 2023 in Ulm stand auch für ein Stück zurück gewonnener, ersehnter Normalität.

In Erinnerung bleiben wird auch der Schwörmontag, weil erstmals seit Jahrzehnten die Schwörfeier ins Münster verlegt werden musste und das Nabada wegen schlechten Wetters auf der Kippe stand. Persönlich bewegte mich der Tod unserer ältesten Mitbürgerin Änne Matschewski kurz vor ihrem 111. Geburtstag.

Das Ende des Jahres brachte dann auch noch Kurioses: Eine Geschichte von fehlender Perfektion und Ablehnung, einem Kirchenasyl, aber mit einem unerwarteten Happy End. Der Wiblinger Weihnachtsbaum, „das hässliche Fichtlein“, wurde zum Medienstar, weil er zum Christbaum in der Basilika wurde. Ich finde es sehr bedenkens- und nachdenkenswert, was Dekan Ulrich Kloos darüber gesagt hat: „Die Erwartung an ein perfektes Weihnachten unterscheidet sich von der Weihnachtsgeschichte, wo ein Kind im Stall geboren wird. Der Wunsch nach Makellosigkeit ist ausgrenzend für Arme, Kranke und Fremde.“

Bei allen Erfolgen, bei allem Positiven im vergangenen Jahr sollten wir uns immer vergegenwärtigen: Die Zweilandstadt Ulm und Neu-Ulm ist keine Insel, sondern Teil eines größeren Ganzen. Wir alle stehen unter dem Eindruck der ereignisreichen letzten Jahre. Wir alle haben den Eindruck, dass uns immer mehr Krisen immer schneller und heftiger zusetzen, dass die Erholungspausen dazwischen immer kürzer werden. Der Glaube an das Positive wird besonders getrübt durch den Krieg in der Ukraine, den barbarischen terroristischen Angriff auf Israel.

Die Menschen in Ulm und Neu-Ulm haben ihre Solidarität mit den Angegriffenen gezeigt: Durch dauerhafte Mahnwachen für die Ukraine und die im letzten Jahr geschlossene Solidaritätspartnerschaft mit der Stadt Bilhorod-Dnistrovskyi im Südwesten des Landes, durch Mahnwachen für die Opfer des islamistischen Terrors der Hamas, aber auch die zivilen Opfer im Gazastreifen. Nicht zu kapitulieren, sondern sich den Herausforderungen zu stellen, das ist seit Jahrzehnten nicht so schwer gewesen wie heute.

Die Krisen hinterlassen nachhaltig Spuren der Verunsicherung, auch Verärgerung, im schlechtesten Fall wird unser freiheitlich demokratisches Gemeinwesen in Frage gestellt. Kein Wunder: Die Komplexität, die Geschwindigkeit von Veränderung, die Multikrisen bringen selbst Profis an ihre Grenzen und erfordern ein permanentes Krisenmanagement, das wenig Zeit lässt, um Vertrauen zu schaffen in die Kraft, die Herausforderungen bewältigen zu können. Der Antrieb, eigenverantwortlich etwas zu tun, wird überlagert von überbordenden Erwartungen an den Staat, er möge es richten. Sich aber auf die eigenen Angelegenheiten zu besinnen, selbst aktiver Teil eines demokratischen Gemeinwesens zu sein und nicht bloß passiver Bobachter, das ist es, was ich mir für unser Gemeinwesen wünschen würde. Aber wir sind weiter davon entfernt, als wir uns eingestehen wollen. Das zeigen nicht zuletzt die Wahlbeteiligungen der letzten Jahre, nicht bloß in Ulm.

Trotzdem gilt, was Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier in seiner Neujahrsrede sagte:

„Im nächsten Jahr feiern wir den 75. Geburtstag unserer Demokratie. Unser Grundgesetz wird 75 Jahre alt. Und schon seit 34 Jahren gilt es für unser ganzes wiedervereinigtes Land. Das ist für uns alle ein Grund zu feiern. Unsere Verfassung ist etwas, worauf wir stolz sein dürfen. Sie schützt und würdigt jeden einzelnen Menschen. Das ist viel. Aber noch nicht alles. Sie bietet das stabile Gerüst, in dem Politik sich entfalten kann. Und wenn notwendig, sich auch korrigieren kann. Das ist etwas, das nur die Demokratie kann! Dieses Fundament hat unser Land bisher gut getragen, auch dann, wenn es mal schwieriger wurde. Und ich bin überzeugt: Es wird uns auch in Zukunft tragen. Und deshalb will ich uns alle ermutigen, auf dieses Fundament zu vertrauen. Machen wir uns bewusst: Deutschland ist und bleibt ein gutes Land.“

Ich kann dies nur unterstreichen! Dies gilt auch für Ulm und Neu-Ulm. Auch wenn die Personen, die sie ausführen, wechseln, die Aufgaben bleiben.

Für Ulm heißt diese Aufgabe: Unsere Stadt weiterhin zukunftsfähig zu machen, Ulm so aufzustellen, dass bei uns auch künftig alle Ulmerinnen und Ulmern gut, friedlich und sicher leben können. Die Aufgabe bleibt, unser Ulm unter Rahmenbedingungen, die wir heute vielleicht noch nicht kennen, so zu entwickeln, dass die Stadt prosperiert - nicht allein in wirtschaftlicher Hinsicht.

Ein neuer Oberbürgermeister und ein neuer Gemeinderat, der am 9. Juni gewählt wird (mit einer Wahlbeteiligung, die hoffentlich deutlich über 40 Prozent liegen wird), sie beide, OB und Rat, werden neue Akzente, möglicherweise andere Prioritäten setzen. Im Wechsel der Verantwortlichkeiten liegt eine Stärke unserer Demokratie.

Ulm zukunftsfähig zu machen, das ist keine Aufgabe, die man am 2. Januar beginnt, und die ein paar Monate später geschafft wäre, sondern ist ein stetes Suchen, Aushandeln, Ringen um gute oder bessere Lösungen, ein Prozess. Und auch das bedeutet Demokratie. Weichenstellungen wirken langfristig. Oft – wie bei der Wissenschaftsstadt Mitte der 1980er Jahre – zeigen sich erst nach Jahren die Früchte von mutigen Weichenstellungen. Oft erscheinen sie vor allem anstrengend und wirken verunsichernd.

Der Ausblick auf etwas Neues wird allzu oft überlagert von der Beschwerlichkeit des Weges, von der Unbequemlichkeit, die mit der Veränderung einhergeht, bis dann die vor Jahren getroffenen Entscheidung Früchte trägt und sich auszahlt. Mut braucht einen langen Atem! Das war so bei der Linie 2, beim Umbau des Bahnhofsvorplatzes, bei den Sedelhöfen und der ICE-Neubaustrecke. Heute sind wir stolz auf das Erreichte. So wird es sein bei den künftigen Baustellen zwischen der Adenauerbrücke und dem Lehrer Tal, der Landesgartenschau und den vielen Modernisierungs-, Sanierungsprojekten und Neubauten, die sich die Stadt vorgenommen hat.

Einige Entscheidungen aus dem Jahr 2023 werden in diesem Jahr zum Tragen kommen und sichtbar werden. Dazu gehören beispielsweise der Ausbau der Fernwärme oder die Anschaffung von E-Bussen für unsere gemeinsamen Stadtwerke, zwei wichtige Schritte für ein Gelingen der Klima- und Verkehrswende in Ulm.

Mir als Oberbürgermeister war es immer wichtig, Ulm als Standort für moderne Technologien weiter auszubauen und auch dadurch den Zusammenhalt der Stadtgesellschaft und das bürgerschaftliche Engagement mittelbar zu stärken. Denn Wissenschaft und Wirtschaft sind die Motoren des Wohlstands, weil sie qualifizierte Arbeitsplätze bieten und Steuereinnahmen generieren. Geld, mit dem die Stadt ihre Pflichtaufgaben erledigen kann, aber auch die Freiräume erst schafft, um Ulm städtebaulich, sozial, kulturell zu gestalten. Es gilt, dieses Geld klug einzusetzen. So, dass alle Lasten auch für die nächsten Jahre, Jahrzehnte und kommende Generationen tragbar bleiben. Das gehört mitgedacht, wenn wir nachhaltig und zukunftsorientiert handeln wollen.

Eine kluge Frau hat einmal geschrieben: „Zukunft ist nichts, was bloß vom Himmel fällt. Nichts, das einfach so passiert. Sie ist in vielen Teilen das Ergebnis unserer Entscheidungen von heute.“  Was wir heute tun, bestimmt maßgeblich mit, wie unsere Gesellschaft in zehn, zwanzig oder dreißig Jahren aussieht. In diesem Bewusstsein sollten wir handeln.

Das Ergebnis der Stichwahl vom 17. Dezember bedeutet, dass meine Amtszeit als Oberbürgermeister am 29. Februar 2024 endet. Ich habe der Stadt Ulm sehr gerne und mit voller Kraft gedient und hoffe, dass dieses Amtsverständnis für Sie auch so erlebbar war. Ich schaue mit Dankbarkeit und auch mit Zufriedenheit auf die vergangenen Jahre zurück. Vieles ist uns in diesen Jahren gelungen, wichtige Weichen sind gestellt, vieles ist auf einen guten Weg gebracht - und doch bleiben noch viele, viele Aufgaben.

Ulm ist in einer guten Ausgangsposition, um die Herausforderungen der Zukunft zu meistern, davon bin ich zutiefst überzeugt. Blicken wir mit Optimismus nach vorn. Bleibt mir noch, Ihnen allen von Herzen ein gutes Neues Jahr zu wünschen, mögen sich Ihre Wünsche und Hoffnungen erfüllen und Sie in einem Jahr zufrieden auf das dann zu Ende gehende Jahr 2024 zurückblicken!