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Offener Brief an den Betriebsrat von Galeria Kaufhof

In einem offenen Brief an den Betriebsrat von Galeria Kaufhof in Ulm äußert sich Oberbürgermeister Gunter Czisch zu den Bedenken, die gegen die geplante Teilsperrung der Friedrich-Ebert-Straße vorgetragen worden sind. Darin lädt er die Beteiligten auch zu einem vertiefendes Gespräch ins Rathaus ein.

Offener Brief von Gunter Czisch 23. November 2018:


Auch uns treibt die Sorge um die Entwicklung des Einzelhandelsstandortes sehr um. Ich darf Ihnen versichern, dass sich weder die Gemeinderäte des Fachbereichsausschusses Stadtentwicklung, Bau und Umwelt, noch die Verwaltung die Entscheidung zur Friedrich-Ebert-Straße leicht gemacht haben. Die Auswirkungen auf den Handelsstandort war ein gewichtiges Argument bei der Abwägung. Wir sehen die mit den Baustellen einhergehenden erheblichen Beeinträchtigungen sowohl für den Handel und die Kunden, als auch für Pendler, Touristen etc.

Das Oberzentrum Ulm befindet sich in Konkurrenz zu den umgebenden Mittelzentren. Der von Ihnen angesprochene Kaufkraftverlust hat im Wesentlichen jedoch bereits vor den großen Innenstadtbaustellen eingesetzt und hat sehr viele Ursachen unabhängig von den Maßnahmen der Stadt. Die Verkehrsinfrastruktur auszubauen und die Attraktivität der Innenstadt gerade als Handelsstandort zu erhöhen, war daher das erklärte Ziel der Stadt Ulm. Die umfangreichen Maßnahmen, die wir jetzt um den Bahnhof umsetzen, dienen ausschließlich dazu, diesen Standort hinsichtlich Infrastruktur und Attraktivität für die nächsten Jahrzehnte zu ertüchtigen. Sowohl der Bau der Straßenbahn als auch der Bau der großen Tiefgarage, die ja auch ein zentrales Anliegen der IHK und des örtlichen Einzelhandels darstellt, aber auch die Aufwertung des Standortes durch das Projekt Sedelhöfe dienen ausschließlich dem Ziel der Aufwertung des Standortes. Aktuell entstehen in den Sedelhöfen und am Bahnhofplatz 1.240 neue Stellplätze in attraktiven Parkhäusern. Am 8. Dezember 2018 wird die neue Straßenbahnlinie 2 ihren Betrieb aufnehmen.

Hinsichtlich der Entscheidung zur Reduzierung der Friedrich-Ebert-Straße auf eine Spur im nächsten Jahr haben wir versucht, die Vor- und Nachteile gegeneinander abzuwägen. Im Ergebnis kommen wir dazu, dass gerade für den Einzelhandel diese Entscheidung die richtige ist. Wir sind der Überzeugung, dass sich die Einschränkungen aus dem letzten Sommer in dieser Form nicht wiederholen werden. Die großen Staus in den Sommerferien waren im Wesentlichen nicht durch die einseitige Sperrung der Friedrich-Ebert-Straße bedingt. Vielmehr waren sie durch die Baumaßnahmen in den Verkehrsknoten entlang der Neutorstraße verursacht, bei denen die Leistungsfähigkeit dieser Signalanlagen erheblich eingeschränkt war. Hierdurch ist ein so relevanter Rückstau erfolgt, dass dieser bis in die Friedrich-Ebert-Straße zurückreichte. Mit der Inbetriebnahme der Linie 2 werden die betreffenden Verkehrsknoten wieder voll leistungsfähig sein. Die Anbindung des Bahnhofsteges an die Bahngleise und damit die direkte Erreichbarkeit des Bahnhofs und einzelner Gleise auch von der Schillerstraße hat bereits jetzt zu einer spürbaren Entlastung der Friedrich-Ebert-Straße geführt. Die Anbindung der Gleise wird zum nächsten Frühjahr vollumfänglich abgeschlossen sein, so dass sich dieser Effekt noch einmal deutlich erhöhen wird.

Für die Zeit der einseitigen Sperrung wird es dann auch wieder möglich sein, in beide Richtungen aus dem Parkhaus Deutschhaus auszufahren, was die Attraktivität des Parkhauses eher erhöht. Alle Innenstadtparkhäuser sind nach wie vor uneingeschränkt erreichbar, durch Herausnahme des Durchgangsverkehrs in diesem zentralen Bereich wird eine Erreichbarkeit es Deutschhauses eventuell sogar etwas erleichtert. Wir können im Übrigen auch keinen relevanten Verlust der Attraktivität der Parkhäuser seit Beginn der großen Innenstadtbaustellen feststellen. Die Einstellzahlen in den Parkhäusern sind in dieser Zeit nur um etwas über drei Prozent zurückgegangen.

Wie in den Vorjahren wird es auch diesen Advent wieder an sämtlichen Samstagen den freien ÖPNV geben. Wir prüfen im Moment, ob dies auch während des kommenden Jahres an wichtigen Handelstagen möglich ist, um insbesondere an den handelsstarken Samstagen eine Alternative zu Erreichbarkeit der Innenstadt zu ermöglichen. Da ja die Parkhäuser an diesen Tagen sowieso vollständig ausgelastet sind, muss eine Frequenzsteigerung von Besuchern über andere Wege erreicht werden.

Ich möchte hiermit auch noch einmal deutlich betonen, dass es bei der Entscheidung nicht allein darum geht, eine Vertragsstrafe gegenüber einem privaten Investor abzuwenden. Es geht vor allem auch darum, die Gesamtbauzeit der Großbaustellen zu beschleunigen, öffentliche Räume früher fertig zu stellen und somit die Belastungen möglichst zu reduzieren. Darüber hinaus würde nach unserer Einschätzung ein problematischer Start der Sedelhöfe nach der Eröffnung für den gesamten Innenstadthandel einen relevanten Imageschaden nach sich ziehen, der sich auf alle Geschäfte auswirken würde.

Ich möchte im Hinblick auf die prognostizierten Einschränkungen auch kurz erwähnen, dass wir am Montag einen von den meisten Gewerbetreibenden der Bahnhofstraße unterzeichneten Aufruf bekommen haben, eine sofortige Neugestaltung der Fußgängerzone umzusetzen. Nach unserer Einschätzung dürften die damit verbundenen Beeinträchtigungen für die Händler und Passanten ungleich größer sein als die aktuelle Entscheidung. Ich darf in diesem Zusammenhang mein Unverständnis zum Ausdruck bringen, dass wir vor dem Hintergrund der gerade laufenden Diskussion nicht so recht verstehen, warum diese heftige Einschränkung von den Einzelhändlern als in der Abwägung hinnehmbar eingeschätzt wird, die aus unserer Sicht aufgrund der oben beschriebenen Rahmenbedingungen wesentlich geringeren Einschränkungen für den Handel aber als untragbar eingeschätzt werden.

Ich darf Ihnen als Anlage auch unsere aktuelle Gemeinderatsdrucksache beilegen, in der aus meiner Sicht die Abwägung sehr nachvollziehbar erläutert ist. Ich hoffe, ich konnte aufzeigen, dass uns das Wohl des Ulmer Einzelhandels sehr am Herzen liegt, wir sogar auch aus diesem Grund zu dem genannten Ergebnis gekommen sind. Gern lade ich Sie zu einem vertiefenden Gespräch darüber ins Ulmer Rathaus ein.