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Der Schwörmontags-Rap

© Haus der Stadtgeschichte - Stadtarchiv Ulm

Unter Hochdruck sind im Ulmer Haus der Stadtgeschichte/Stadtarchiv drei digitale Vermittlungs-Konzepte entstanden, um Schülerinnen und Schülern anhand der Ulmer Schwörtradition den Wert eines demokratischen Systems kindgerecht nahezubringen. Dazu gehört der Schwörmontags-Rap. Er erzählt, wie der blutige Machtkampf zwischen Zünften und Patriziern im Mittelalter durch die Verfassung der Schwörbriefe beendet wurde und so ein erster wichtiger Schritt in Richtung Demokratie war.

Gesungen von Jungen aus der Kinder-, Jugend- und Familienhilfe Guter Hirte e.V.

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Ich schwör, ich schwör – Ulm geht ins Gehör
Ich schwör, ich schwör – man hört mich bis nach Föhr
Ich schwör, ich schwör – bei diesem Beat bounced sogar der Stör
Ich schwör, ich schwör, ich schwör

1.
Es ist ‘ne Weile her,
so mehrere hundert Jahre
‘ereigneten sich Dinge
glaubt’ s mir, wenn ich's sage?
die Ulmer waren reich und wichtig obendrein
das kam durch die Zünfte – Handwerksverein
Man ist das nicht ungerecht,
ich raufe mir die Haare
Ulm war weit bekannt
für exquisite Ware
Edle Stoffe, kurz Barchent, ‘ob nah und fern sie jeder kennt
sorgten für das An- zum dem -sehen
‘nicht jedem ging so wie dem be- zu dem -quem
Die Patrizier, sowas wie ein städtischer Adel,
sorgten gern für Recht und mitunter Tadel.
doch eins ist klar, die Zünfte sind nicht stumm
Zünfte warten nicht, Zünfte stressen rum
Sie kämpften für ‘ne Mehrheit im städtischen Rat
das bedeutet, dass das Handwerk nunmehr mehr zu sagen hat

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Ich schwör, ich schwör – Ulm geht ins Gehör
Ich schwör, ich schwör – man hört mich bis nach Föhr
Ich schwör, ich schwör – bei diesem Beat bounced sogar der Stör
Ich schwör, ich schwör, ich schwör

2.

…gerecht zu sein schwört der Bürgermeister jedes Jahr
Stellt gleichermaßen
die Weichen
für alle
die Armen
die Reichen
und jedes Wort ist wahr.
Eine Weile ging das gut, so 150 Jahre
Doch Kaiser Karl der fünfte hielt Regeln für ne austauschbare Ware
Er verbot die Zünfte und warf sie aus dem Rat
die Ulmer waren empört, was er einfach tat
mit Zwist und Streit,
kamen Zünfte Stück für Stück in den Rat zurück
Nach einiger Zeit
Einsatzbereit – aber keine Mehrheit
Hunderte von Jahren ist das her
seitdem gibt es eben weder Zünfte noch Patrizier.
und seitdem steht der Bürgermeister auf dem Schwörhausbalkon’
und schwört den alten Schwur zum Schwörglocken-Gong
Einspieler OB "Reichen und Armen ein gemeiner Mann zu sein, ohne allen Vorbehalt"
jedes Jahr im Juli
kreuzt es an mit “Kuli”
Feiern wir, die ganze Stadt, gemeinsam unseren Schwörmontag

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Ich schwör, ich schwör – Ulm geht ins Gehör
Ich schwör, ich schwör – man hört mich bis nach Föhr
Ich schwör, ich schwör – bei diesem Beat bounced sogar der Stör
Ich schwör, ich schwör, ich schwör

3.
Die Frage, die noch bleibt
warum dieser Trubel?
Das ganze kostet Geld
es fließt noch massig Rubel
an diesem Tag bleibt keiner stumm
und trotzdem stresst hier niemand rum
ohne Zwist und Streit
– Ulmer feiern weit und breit
– steht gemeinsam auf für die Demokratie
und schreit Gerechtigkeit
Hände hoch macht euch bereit,
dass Ulm tiefstem Herzen schreit

REF (2x)

Ich schwör, ich schwör – Ulm geht ins Gehör
Ich schwör, ich schwör – man hört uns bis nach Föhr
Ich schwör, ich schwör – bei diesem Beat bounced sogar der Stör
Ich schwör, ich schwör, ich schwör

Die Idee, das Ulmer Verfassungsfest im Corona-Jahr und dann darüber hinaus für Schüler ins Netz zu bringen, entstand im Austausch zwischen der Kulturabteilung, der Abteilung Bildung und Sport und dem Stadtarchiv insbesondere in Hinsicht darauf, dass die Schulen an diesem Schwörmontag regulären Unterricht abhalten werden. Als die Idee geboren wurde, waren es aber gerade noch drei Wochen bis Schwörmontag. Neben dem Rap-Video und einem Kinder-Werkheft wird derzeit eine digitale Didaktikeinheit für Grundschüler via Videokonferenz konzipiert. Die drei Module bauen aufeinander auf, können aber auch einzeln genutzt werden. Sie nehmen die Frieden stiftenden demokratischen Werte des Schwörmontags in den Fokus. Gerade in Zeiten, in denen Demokratiebildung und Kulturvermittlung auf digitalem Wege stattzufinden hat, kommt das Stadtarchiv so in den Unterricht. Die Kinder sollen so mit möglichst vielen Sinnen und unterschiedlichen Medien angesprochen werden, um sie für Demokratie und Gerechtigkeit zu begeistern.

Das kindgerechte Werkheft animiert mit zum Knobeln und kreativen Arbeiten. Es behandelt die hiesigen Machtverhältnisse im 14. Jahrhundert, stellt die Frage nach einer gerechten Verteilung von Macht und Bürgerrechten und zeigt, dass unsere Vorfahren durch die demokratischen Elemente des Schwörbriefs Frieden stiften und bürgerschaftlichen Probleme lösen konnten. Die Grafikerin Maike Tiedemann vom Büro Lahaye & Tiedemann entwickelte neben einem kindgerechten Layout auch das neue Maskottchen des Stadtarchivs, eine zeitreisende Schnecke namens Prof. Flitz. Als Vorlage diente ihr eine Zeichnung des Stadtarztes Johannes Franc (1649-1725). Das Werkheft Wieso? Weshalb? Warum? Schwörmontag in Ulm ist Auftakt für eine neue Kinderbuchreihe des Stadtarchivs.

Drei Ulmer Grundschulklassen erhalten am Schwörmontag, vor der Schwörrede von Oberbürgermeister Gunter Czisch, die Möglichkeit einer Live-Schaltung ins Schwörhaus. Die Kinder erhalten vorab die ersten Kapitel des Werkhefts und das Rap-Video zur Vorbereitung und können in einem Videotelefonie-Gespräch mit Kulturpädagogin Thumerer tiefer in die Themen Schwörmontag und Demokratie einsteigen. Was nun als Pilotprojekt beginnt, soll demnächst im wahrsten Sinne des Wortes Schule machen. Nach einer erfolgreichen Testphase mit einigen Klassen sollen dann möglichst viele Schulen die Möglichkeit digitalen Demokratie-Unterricht erhalten.

Die digitale Demokratie- und Kulturvermittlung im Haus der Stadtgeschichte ist ein Projekt der Stadt Ulm und wird mit freundlicher Unterstützung der Gänseblümchen Stiftung für Kinder umgesetzt.