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Wolf Auer und der Ehrgeiz, Technologie zu verstehen

Wolf Auer Portrait

© DA

Die Begrüßung ist herzlich - mit Wolf Auer wirkt sogar der Distanz fordernde Corona-Faust-Gruß freundlich. Und selbst durch die Atemschutzmaske blitzt ein offenes Lächeln durch. 86 Jahre ist er alt, wohnt im Albertinum in Neu-Ulm. Aber er ist viel unterwegs, vor allem in Sachen Unterstützung für seine Senioren-Kollegen.

Dabei hilft ihm vor allem sein Smartphone: Anrufe, E-Mails, Internet - Wolf Auer ist ehrgeizig: "Ich möchte alles mit meinem Smartphone organisieren, ich möchte verstehen, wie mein Smartphone funktioniert." Auch unseren Gesprächstermin hat er komplett mit seinem Handy vorbereitet. Damit ist Wolf Auer ein wunderbares Beispiel für einen Menschen im fortgeschrittenen Alter, der mit Hilfe aktueller Technik den Anschluss behält, am Leben teilnimmt. Deshalb wollen wir miteinander reden.

"Ich war schon immer ein offener Mensch"
Er selber gehe die Herausforderung, moderne Technik zu verstehen und einzusetzen, mit großer Neugier an: "Ich war schon immer ein offener Mensch", berichtet er. Ein aus seiner Sicht durchaus wertvoller Charakterzug, der ihm heute hilft, am Ball zu bleiben. Dieser Zug war schon wertvoll in seinem beruflichen Leben: "Marketing ist meine Leidenschaft", berichtet er. Die Wissenschaftsstadt am oberen Eselsberg in Ulm mit aufzubauen, gehört zu den Projekten, an die er sich besonders gern erinnert.

Heute kennt er die Schlüssel zu seinem beruflichen Erfolg: "Es ist die Liebe zum Produkt - und die Liebe zu den Menschen." Da steckt der Ursprung, sich gern mit den Dingen und den Menschen zu beschäftigen - und daraus eine Sensibilität für Situationen zu entwickeln, wie er in einem guten Sinn einwirken kann, helfen kann.

Die Angst, abgehängt zu werden
Wolf Auer beobachtet gern - und er sieht viel. Er sieht oft Angst bei seinem Mitsenioren. Angst, abgehängt zu werden, zu wenig zu begreifen, als dumm dazustehen - denn die Technik hat sich verändert. In der Zeit, als die Senioren mitten im Leben standen, konnte man noch den Deckel aufmachen und reinschauen, wie etwas funktioniert. Diese Souveränität, eine Methode in der Schublade zu haben, etwas zu verstehen, etwas zu können, ist heute weg - von moderner Technologie weggewischt.

"Die Angst sitzt sogar noch eine Etage tiefer", hat Wolf Auer erkannt: Den Kontakt mit der Familie, den liebsten Angehörigen zu verlieren - es ist die Furcht vor den schrecklichen Bildern der Einsamkeit.

So stellt sich eine verzwickte Situation dar: Die Technik, die helfen soll, länger gut und selbst bestimmt zu leben, teilzuhaben am Miteinander, ist sich selbst die größte Hürde. Denn viele Senioren wollen sich nicht die Blöße geben, die modernen Technik vielleicht nicht zu begreifen. Also suchen sie zunächst Distanz - "vor allem, um sich ihre Würde zu erhalten", sagt Wolf Auer. Die Folge: Es droht genau der Verlust, den die Senioren am meisten fürchten - der Verlust menschlicher Nähe.

Mit Vorsicht und Respekt
Den Weg aus dieser Zwickmühle hat Wolf Auer kraft seiner menschenfreundlichen Persönlichkeit auch schon erkannt: Senioren vorsichtig und mit Respekt an die Hand nehmen, ihnen den Nutzen zeigen - ganz der Marketing-Mann. "So ist nach nur wenigen Gesprächen aus einem reservierten alten Mann, der kaum Kontakt zu seiner Familie hatte, ein freudestrahlender Senior geworden, der sich nun mit seinem neuen Smartphone jederzeit in der Lage fühlt, seine Kinder und Enkel anzurufen oder anzuschreiben", erzählt Wolf Auer. Oder er beschreibt eine Seniorin, die im Begriff ist, ihr Augenlicht zu verlieren - aber sich mit einem smarten sprechenden Hilfsmittel nun leichter in ihrer Wohnung zurechtfinden kann. Denn: "Nicht die Technologie ist der Schlüssel, es ist der Mensch."

Wolf Auer hilft gleich in mehreren Seniorentreffs, seinen Altersgenossen moderne Technik nahe zu bringen - dabei lockt er sie manchmal auch etwas frech: "Fülle deinen Kopf mit neuen Dingen - denn du hast einen."