KI-Essentials: Abschlussbericht

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Im Zeichen von „KI können, verstehen und nutzen“ fand die Webinarreihe „KI-Essentials für die kommunale Verwaltung“ zwischen dem Dezember 2024 und Februar 2025 statt. Gefördert wurde das Projekt im Rahmen des Förderprogramms „DigitaleZukunftsstadt@bw“ vom Land Baden-Württemberg. Die Planung und Umsetzung der Webinarreihe erfolgte durch die Digitale Agenda der Stadt Ulm in Kooperation mit der Digitalakademie@bw. Die Konzeption, Referentenakquise und die Moderation erfolgte, im Auftrag der Digitalen Agenda und in Abstimmung mit den Projektverantwortlichen Herrn Patrick Morschhaeuser.
Ziel der Reihe war die Vermittlung von KI-bezogenem Grundlagenwissen und Best Practices für die Zielgruppe der kommunalen Verwaltung in Baden-Württemberg. In 5 Webinaren a 120 Minuten sind jeweils die Grundlagenthemen „Daten und Datenmanagement“, „KI im Frontoffice“, „KI im Backoffice“, „KI-Kompetenz“ und „KI für Smart Cities“ behandelt worden. Der Aufbau der Webinarreihe war modular.
Verschiedene Fachexperten aus dem kommunalen Umfeld führten mit Impulsvorträgen, Praxisbeispielen inhaltlich durch die Veranstaltungen. Daneben ist der interkommunale Austausch zwischen den Teilnehmenden in Hinblick auf Erfahrungen und Herausforderungen beim Einsatz von KI, durch Diskussionen und gezielte Fragen, aktiv gefördert worden.
Nachfolgend werden die Inhalte der Module sowie die Ergebnisse und Learnings der 5 Veranstaltungen vorgestellt und beschrieben.
Daten bilden die Grundlage für die Entwicklung, das Training und den Betrieb von KI-Systemen. Für den Einsatz von KI in der kommunalen Verwaltung nehmen Daten und Datenmanagement daher eine zentrale Rolle ein. Im Rahmen der Auftaktveranstaltung am 03.12.2024, gab Herr Prof. Dr. Jörn von Lucke, Leiter The Open Government Institute der Zeppelin Universität in Friedrichshafen, in einem Impulsvortrag Themen in einem Impulsvortrag theoretisch ein und gab einen Überblick über Ansätze und Best Practices aus dem kommunalen Umfeld.
Der Vortrag verdeutlichte, dass eine gut strukturierte Datenstrategie Kommunen dazu befähigen kann, Verwaltungsdaten systematisch zu sammeln, zu verarbeiten und zu nutzen (x). Im Sinne eines effektiven Datenmanagements müssen technische, rechtliche und organisatorische Maßnahmen getroffen werden, um den Umgang mit Verwaltungsdaten niedrigschwellig und optimal zu gestalten. Datengovernanz sichert weiterhin, dass Verantwortlichkeiten klar verteilt und Standards definiert sowie eingehalten werden. In der Folge kann neben der Verfügbarkeit, auch die Sicherheit und die Qualität öffentlicher Daten erhöht werden, womit die Grundlage für hochwertige KI-Ergebnisse und den effizienten KI-Einsatz in der kommunalen Verwaltung geschaffen wird.
Wie eine geeignete Datenstrategie in der Praxis aussehen kann, zeigte Frau Brigitte Lutz, Data- Governance-Koordinatorin der Stadt Wien, im Anschluss am Beispiel der Data Excellence (DX)-Strategie der Stadt Wien.
Die Data Excellence (DX)-Strategie der Stadt Wien ist Teil der Digitalen Agenda 2030 und umfasst alle Maßnahmen, die den Wert von Daten Nachhaltig steigern, um Nutzen und Mehrwerte für die Bevölkerung durch die offene Bereitstellung und die Nutzung von Verwaltungsdaten zu schaffen. Im Sinne von „FAIR Data“ stellen Auffindbarkeit („findability“), Zugänglichkeit („accessibility“), Interoperationalität („interoperability“) und die Wiederverwendbarkeit („reusability“) von Daten grundlegende Werte dar, um die Qualität, die Sicherheit und Nutzen von Daten zu erhöhen. Rollen und Verantwortlichkeiten werden zudem über den Lebenszyklus der Daten hinweg organisationsübergreifend aufgeteilt und in die bestehenden Strukturen der Stadt Wien eingebettet.
Weiterführende Links:
https://www.ihk.de/ulm/online-magazin/im-fokus/joern-von-lucke-im-interview-5938466
Der Einsatz von KI im Frontoffice,
also im direkten Kontakt mit den BürgerInnen, hat nicht nur das Potenzial die
Servicequalität zu verbessern, sondern auch die Chance Mitarbeitende zu
entlasten. In Anbetracht des Personal- und Fachkräftemangels auf kommunaler
Ebene kann KI daher eine wichtige Stellschraube darstellen. Welche konkreten Chancen und
Herausforderungen in diesem Zusammenhang für Kommunen bestehen, zeigte das
zweite Modul der Webinarreihe, am 16.01.2025.
Im
ersten Veranstaltungsteil ordnete Prof. Dr. Moreen Heine, Professorin für
E-Government an der Universität Lübeck, das Thema theoretisch ein und stellte
den Teilnehmenden abschließend praktische Beispiele aus anderen Ländern und
Kommunen vor. Es
wurde deutlich, dass regelbasierte KI-Chatbots und -Assistenten aktuell das
größte Potenzial bieten. Durch Automatisierung und Unterstützung von
BürgerInnen bei der Erstellung von Anträgen oder der Beantwortung von Fragen,
können Kommunen so die Schwelle senken, öffentliche Leistungen abzufragen und
in Anspruch zu nehmen. Um der Fürsorgepflicht sowie den geltenden gesetzlichen
Regelungen nachzukommen, ist Transparenz im Umgang mit KI gerade im Frontoffice
essenziell.
Im
zweiten Veranstaltungsteil stellte Oliver Kazmierski, Mitarbeiter im Bereich Digitalinfrastruktur - IoT
& KI bei der Stadt Gelsenkirchen, das Pilotprojekt „KI-Assistenz EMMA®AI“
vor. Hierbei
lernten die Teilnehmenden den Aufbau, die Struktur und die Ergebnisse der
zugehörigen Machbarkeitsstudie der Stadt Gelsenkirchen kennen, mit der geprüft
wurde, inwieweit das KI-System EMM®AI der in Gelsenkirchen ansässigen Firma
evocenta GmbH den Bürgerservice der Stadtverwaltung verbessern kann.
Die
Ergebnisse der Studie zeigten, dass mit dem Einsatz von EMMA®AI, aber auch
eines vergleichbaren KI-Systems, vor allem die Kommunikation mit den BügerInnen
verbessert werden kann. Daneben kann ein solches System auch Unterstützung in
den Bereichen Antragserstellung und Bürgerinnen fragen bieten, was auch zu
einer Entlastung von Mitarbeitenden führen kann. Die Auswertung der Studie
zeigt weiterhin, dass die Verfügbarkeit digitaler Verwaltungsdaten einen wichtigen
Schlüsselfaktor für den Mehrwert einer KI-Assistenz darstellt. Weitere
Erfolgsfaktoren sind die Förderung sowie die konsequente Weiterführung
vergleichbarer (Pilot-)Projekte. In der Folge können Lösungen und Strukturen
geschaffen werden, die Potenziale zur Nachnutzung innerhalb der kommunalen
Familie bieten.
Weiterführende Links:
https://www.egov-campus.org/courses/kiverwaltung
https://link.springer.com/book/10.1007/978-3-658-40101-6
https://www.gelsenkirchen.de/de/_meta/aktuelles/artikel/65565-ki-emma-die-ergebnisse-der-machbarkeitsstudie
Im Backoffice stellt die Digitalisierung neben dem Personal- und Fachkräftemangel an vielen Stellen eine Herausforderung dar. In der Folge kann die Dienstleistungsqualität leiden und es kommt zu Überlastung. Wie KI im Backoffice kommunaler Verwaltungen durch Automatisierung dabei helfen kann diese Themen anzugehen und wie praktischen Anwendungsfälle aussehen, zeigte das dritte Modul der Webinarreihe, dass am 23.01.2025 durchgeführt wurde.
Im ersten Veranstaltungsteil stellte Alexander Nikolaus, Leiter des Digitalisierungszentrums Ulm, Neu-Ulm, Alb-Donau und Biberach (DZ), den Teilnehmenden praktische Anwendungsfälle in einer Mischung aus Impulsvortrag und Live-Demo vor. An einem selbstkonstruierten Beispiel zeigte er nachvollziehbar, wie Kommunen einen Mängelmelder mit Hilfe von KI medienbruchfrei digitalisieren und automatisieren können. Das Beispiel veranschaulichte, wie die Bearbeitungszeit so deutlich reduziert und Ressourcen effizienter verteilt werden können. Daneben erhielten die Teilnehmenden Einblicke in die Erstellung eines eigenen KI-Chatbots und das Erstellen und Nutzen einer individuellen Promptbibliothek. Die anschließende Diskussion zeigte, dass das Fehlen von Schnittstellen oft eine Herausforderung bei der digitalen Transformation und dem KI-Einsatz in der kommunalen Verwaltung darstellt.
Im zweiten Vortragsteil gab Matthias Jaumann, Machine Learning Engineer bei der Stadt München, in einem Impulsvortrag einen Überblick über die aktuellen KI-Projekten der Stadt München. Die Teilnehmenden erhielten genaue Informationen über die aktuellen KI-Projekte der Stadt München, in den Bereichen Bildanonymisierung, Bibliotheksempfehlungen (Inspira_BIB) und der Arbeit im Backoffice. Einen Schwerpunkt legte Herr Jaumann hierbei auf den intern genutzten Open-Source-Chatbots MUCGPT, der die Mitarbeitenden im Backoffice bei der Erstellung von Texten sowie der Sammlung von Informationen unterstützt. Der Chatbot ist seit Februar 2024 für jeden Mitarbeiter der Stadtverwaltung verfügbar. Bisher wird der Chatbot vor allem für die Textzusammenfassung oder das Erstellen von MindMaps genutzt und bietet den Vorteil, dass die Daten sicher verarbeitet werden. In Hinblick auf das Thema Datenschutz, zeigte Herr Jaumann zudem am Beispiel von Bibliotheksempfehlungen, dass KI-Empfehlungen oft auch ohne die Verarbeitung persönlicher Daten möglich sind. Die Technik Retrieval Augmented Generation (RAG) bietet im Zusammenhang mit schützenswerten und personenbezogenen Daten, zudem große Chancen für die rechtskonforme Verarbeitung durch KI.
Weiterführende Links:
https://digitalisierungszentrum-uab.de/
https://ki.muenchen.de/
https://ki.muenchen.de/ki-systeme/mucgpt
Vor dem Hintergrund, dass KI einerseits einen zentralen Faktor für die digitale Transformation hin zu einer zukunftsfähigen kommunalen Verwaltung darstellt, andererseits aber auch Risiken mit sich bringt, ging es im vierten Modul der Webinarreihe, am 12.02.2025, um das Thema KI-Kompetenz.
Im ersten Veranstaltungsteil wurden das Thema von Prof. Dr. Derya Catakli, Referentin beim Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) und Lehrbeauftragte an der Universität für Verwaltungswissenschaften in Speyer, zuerst theoretisch eingeordnet. KI-Kompetenzen können demnach, als die die „inneren Anlagen einer Person, die sie dazu befähigen, selbstbestimmt und im Sinne der öffentlichen Verwaltung, ordnungsgemäß und gemeinwohlorientiert KI-Systeme zu gestalten“ (Catakli & Puntschuh, 2023), verstanden werden. Der Vortrag zeigte, dass dem Aufbau und der Entwicklung von KI-Kompetenzen innerhalb der kommunalen Verwaltung, in Hinblick auf die Themen Digitalen Transformation und Zukunftsfähigkeit, eine wichtige Rolle zukommt. Der EU AI Act macht den Aufbau von Kompetenzen für das Betreiben von KI-Systemen zudem verpflichtend. Die Heterogenität der kommunalen Ebene erfordert hierbei eine individuelle Herangehensweise je Kommune.
Im zweiten Veranstaltungsteil stellte Frau Prof. Dr. Catakli den Teilnehmenden ein KI-Kompetenzraster für den praktischen Einsatz auf der kommunalen Ebene vor, dass in Zusammenarbeit mit Michael Puntschuh, verschiedenen Experten aus dem öffentlichen Sektor und ihr im Rahmen der von der Bertelsmann Stiftung geförderten Studie „Orientierung im Kompetenzdschungel“ (2023), erarbeitet wurde. Das hier erarbeitete KI-Kompetenzraster kann Kommunen beim Kompetenzaufbau unterstützen und unterteilt KI-Kompetenz in die Bereiche „technische“, „nicht technische“, „organisatorische“, „operative“, gesellschaftsbezogene“, „kommunikative“ und „personale“ KI-Kompetenzen. Der Vortrag zeigte, dass sich KI-Kompetenzen stark hinsichtlich der individuellen Besonderheiten von Organisationen, Positionen und Rollen unterscheiden. Daher ist es beim Aufbau von KI-Kompetenzen wichtig, organisations- und rollenspezifische Kompetenzprofile zu definieren.
Weiterhin identifizierte Dr. Catakli zusammen mit den Teilnehmenden zudem erste Bedarfe sowie konkrete Anwendungsmöglichkeiten des KI-Kompetenzrasters am Beispiel der eigene Kommune. Die anschließende Diskussion der Ergebnisse zeigte, dass der Aufbau von KI-Kompetenzen besonders in den Bereichen nicht-technischer, rechtsbezogener sowie gesellschaftsbezogener KI-Kompetenzen, wichtig für Kommunen sei. Die Vermittlung von KI-Basiskompetenzen sollten daneben verwaltungsübergreifend erfolgen.
Auch im Bereich Smart City bietet der Einsatz von KI große Chancen, unter anderem in Hinblick auf die Echtzeitauswertung von Live-Daten für das automatisierte Erstellen von Prognosen und die Datengestützte Entscheidungsfindung. Welche konkreten Chancen KI im Kontext von Smart City heute und zukünftig für Kommunen bietet, zeigte die Abschlussveranstaltung am 13.02.2025.
Im ersten
Veranstaltungsteil ordnete Prof. Dr. Jens Libbe, Leiter des
Forschungsbereiches „Infrastruktur, Wirtschaft und Finanzen“ und des Projektes
„Künstliche Intelligenz – KI – in der Smart City“ am Deutschen Institut für
Urbanistik (Difu), das Thema in einem Impulsvortrag theoretisch ein. Neben der Theorie wurde
den Teilnehmenden hierbei auch an verschiedenen Praxisbeispielen aus anderen
Ländern und vergleichbaren Kommunen gezeigt, wie der Einsatz von KI heute und
zukünftig Entscheidungsfindung oder Prognosen, im Kontext von Smart City und
speziell in den Bereichen der Stadtplanung und -entwicklung, verbessern kann.
Erwähnenswert
ist hier besonders das Beispiel „Automatisiertes Ridepooling“, eine plattformbasierte
Mobilitätsdienstleistung der Freien und Hansestadt Hamburg, der Hamburger
Hochbahn und gemeinsam mit der VW-Tochter MOIA. Der Einsatz von KI ermöglicht
in diesem Zusammenhang die On Demand-Bündelung mehrerer Fahrwünsche in Echtzeit
unter Verwendung eigener Algorithmen. Der Vortrag und die anschließende
Diskussion zeigten, dass der Aufbau und die Implementierung einer für den
KI-Einsatz geeigneten Infrastruktur, nicht nur einen Erfolgsfaktor, sondern
auch eine wichtige Grundlage darstellt. Kommunen sollten sich in diesem
Zusammenhang die Fragen stellen, wie die städtische Infrastruktur für den
Einsatz von KI angepasst werden muss und ob Rechenzentren unter Umständen mit
der städtischen Infrastruktur verknüpft werden sollten.
Im zweiten Vortragsteil
stellte Matthias Hoffmann, Projektleiter des Digitalen Zwillings der Stadt
Forchheim, an praktischen Beispielen den Aufbau und die aktuellen
Funktionsweisen des Digitalen Zwillings der Stadt Forchheim vor, der im Rahmen
des Programms TwinBy vom Land Bayern gefördert wird. Anhand
von praktischen Beispielen und Erfahrungswerten aus der Entwicklung des
Digitalen Zwillings der Stadt Forchheim wurde deutlich, wie der Einsatz von KI
in den Bereichen der Stadtplanung und -entwicklung heute und zukünftig
unterstützen kann. Das Projekt der Stadt Forchheim zeigt zudem, dass innerhalb der
kommunalen Familie wichtige Fachkenntnisse sowie Erfahrungswerte vorliegen und
der interkommunale Austausch weiter gefördert werden muss. Die
Erfahrungen aus Forchheim machen weiterhin deutlich, dass neben der der
Verfügbarkeit und der Bereitstellung digitaler Verwaltungsdaten in der
richtigen Datenqualität, vor allem auch der Aufbau einer administrierbaren
Serverstruktur essenziell sei, um die Potenziale von KI im Kontext von Smart
Cities und Digitaler Zwillinge erschließen zu können. Einen weiteren
Erfolgsfaktor stellt die öffentliche Förderung und Unterstützung vergleichbarer
Projekte dar, um die Entwicklung nachnutzbarer Modelle und Strukturen zu
ermöglichen.
Weiterführende Links:
https://difu.de/projekte/kuenstliche-intelligenz-ki-in-der-smart-city
https://dz.forchheim.de/#/
https://twinby.bayern/de/startseite