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Zu wenig Neubauten: OB Czisch warnt vor drastisch steigenden Mieten

Steigende Zinsen, höhere Materialpreise, Fachkräftemangel und ein drastischer Rückgang öffentlicher Bauförderung: Die Rahmenbedingungen für den Bau dringend benötigter neuer Wohnungen sind derzeit denkbar schlecht und führen zu einem spürbaren Rückgang von geplanten oder umgesetzten Bauprojekten. Ein Umstand, der auch im Ulmer Rathaus für Sorgenfalten sorgt. "Wir brauchen mehr Wohnungen, nicht weniger. Wirtschaftliche Prognosen sehen einen deutlichen Zuzug nach Ulm in den nächsten 10 bis 15 Jahren - und die Aufgabe, Menschen in Not aufzunehmen, wird uns wohl auf Sicht auch erhalten bleiben. Das alles wird nur gehen, wenn es gelingt, zusätzlichen Wohnraum zu schaffen. Ohne eine deutliche Erhöhung der Wohnbauförderung durch den Bund ist das aber nicht zu machen", beschreibt Oberbürgermeister Gunter Czisch die angespannte Situation.

Die Konsequenz aus dieser Mangellage sind steigende Mieten. "Aufgrund der im letzten Jahr sprunghaft gestiegenen Baupreise reden wir hier im schlechtesten Fall über Größenordnungen zwischen 30 und 50 Prozent", erklärt Dr. Frank Pinsler, der als Geschäftsführer der städtischen Wohnbaugesellschaft UWS den Markt sehr gut einschätzen kann. Für die Ulmer Verantwortlichen ein Warnsignal, weil bezahlbares Wohnen auch eine soziale Frage sei. Die Wohngeldreform des Bundes wird begrüßt, "aber wenn wir jetzt nicht gegensteuern landen immer mehr Menschen in der Abhängigkeit des Staates. Das kann niemand wollen", so Czisch.

Was also ist zu tun? Die Wohnraumförderung des Bundes müsse deutlich steigen. In diesem Jahr war ca. eine Milliarde Euro dafür eingestellt - und die Fördermittel nach drei (!) Stunden bereits komplett abgerufen. "Der Bedarf wäre wahrscheinlich zehnmal so hoch", schätzt Dr. Frank Pinsler. Auf Landesebene hat man die Brisanz der Lage erkannt und zusätzliche 500 Millionen zur Verfügung gestellt - doch auch diese Summe wird nach Einschätzung der Ulmer Verantwortlichen nicht annähernd reichen.

Ein zweites Kernproblem sind die tendenziell immer weiter steigenden gesetzlichen Anforderungen an Bauträger. Höhere Energiestandards, Regelungen zur Barrierefreiheit und beispielsweise Schallschutzvorgaben treiben die Preise - was dann mittelfristig zwangsläufig zu steigenden Mieten führt. "Wir müssen uns schon fragen, ob wir auch einmal etwas weglassen können", bemerkt Baubürgermeister Tim von Winning, "wir brauchen ein pragmatisches Gleichgewicht zwischen Energieeffzienz und Baukosten". Vor allem der verstärkt geforderte 40 plus-Standard verteuere den Bau neuer Wohnungen signifikant.

Auf Appelle allein will man sich im Rathaus aber nicht verlassen. Auch eigene Handlungsmöglichkeiten sollen auf den Prüfstand. In Bälde soll es im Gemeinderat eine Diskussion dazu geben. "Wir müssen auch über in besseren Zeiten getroffene Beschlüsse reden", so Oberbürgermeister Gunter Czisch. Ob das auch die beschlossene Sozialquote, die Länge der Mietpreisbindung oder die Konzeptvergaben betrifft, war dem OB nicht zu entlocken. Baubürgermeister Tim von Winning deutete aber an, dass das Thema Verdichtung eine Rolle spielen wird und wohl auch über Ansätze diskutiert werden soll, Kosten durch die Planung kleinerer Wohneinheiten oder die Aufweichung von Standards zu senken.

Die städtische UWS bleibt weiter ein zentraler Faktor, um den Ulmer Mietmarkt zu beeinflussen. "An sich ist die UWS unsere stadtweite Mietpreisbremse" kommentiert Czisch. In der Tat bewegen sich die durchschnittlich 6,57 Euro Kaltmiete pro Quadratmeter der insgesamt 7200 UWS-Wohnungen am unteren Ende der Preisskala. Und diese Rolle soll die UWS auch in Zukunft spielen. 360 weitere Wohnungen mit einem Investitionsvolumen von 200 Millionen Euro sind im Bau, davon viele mit Wohnraumförderung. "Wir werden die UWS nach Kräften unterstützen, damit sie ihren Auftrag auch in Zukunft erfüllen kann. Wirtschaftlichkeit spielt aber auch eine wichtige Rolle. Eine schwarze Null sollte bei der Planung schon stehen, aber das wird natürlich angesichts der aktuellen Rahmenbedingungen immer schwieriger. Wir werden aber gemeinsam Wege finden", versichert Czisch.

In Kürze soll es auch Gespräche mit Bauträgern vor Ort geben, um Problemfelder gemeinsam zu identifizieren, Lösungen zu suchen und damit eine verstärkte Wiederaufnahme der Bautätigkeit sowie die Vermietung leerstehender Wohnungen zu unterstützen. "Wir brauchen beides: privatwirtschaftlichen und öffentlichen Wohnungsbau. Dafür benötigt es aber verlässliche Rahmenbedingungen und eine der aktuellen Situation angemessene Förderung. Da ist aus meiner Sicht der Bund nun in der Pflicht", fordert der Ulmer Oberbürgermeister.