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Interview mit Romy Jasch, Krankenschwester

Länglicher Bau der Uniklinik mit Glasfront.

In unserer Serie "Erzähl doch mal..." berichten Ulmerinnen und Ulmer von ihren Erlebnissen und Erfahrungen während der Corona-Pandemie. Für Folge 2 haben wir Romy Jasch getroffen. Seit zwölf Jahren ist sie Krankenschwester auf der Infektionsstation am Universitätsklinikum Ulm. Ihre Arbeit ist für sie eine Berufung, die sie mit Leidenschaft ausübt. Neben ihrer hauptberuflichen Tätigkeit arbeitet sie auf Minijobbasis in einer "Beatmungs-WG", in der sie sich um Menschen kümmert, die maschinell beatmet werden.

Wie hat sich Ihr Beruf seit der Pandemie verändert?
"Wir haben schon seit längerem einen Pflegenotstand, der bekannt ist. Jetzt in der Pandemie müssen uns andere Kollegen von anderen Stationen aushelfen. Unsere Station ist voll belegt mit ausschließlich Corona-Patienten: Wenn ein Bett belegt wird, könnten wir es doppelt und dreifach wieder vergeben. Der Dauerdruck hält an, denn unser Arbeitspensum hat sich verdoppelt. Neben der medizinischen und hygienischen Versorgung gehen wir auch gerne auf unsere Patienten ein und wechseln mit ihnen persönliche Worte. Täglich haben wir viele Verlegungen und dann auch wieder Aufnahmen, sodass wir alles kaum stemmen können und nur noch wenige Minuten Zeit für unsere Patienten haben. Ich habe große Angst davor, dass wir irgendwann selbst selektieren müssen, wer überleben kann und wer nicht. Ich hoffe sehr, dass wir nie in diese Situation kommen werden."

Wenn Sie mitten im Geschehen arbeiten, haben Sie da keine Angst, sich selbst mit dem Virus zu infizieren?
"Nein, denn ich denke, die Infektionsstation ist mit ihren Vorsichts­maßnahmen und hygienischen Vorschriften aktuell der sicherste Ort. Wir tragen eine Schutzausrüstung mit FFP2-Masken und Schutzbrillen. Bevor wir zum isolierten Patienten gehen, müssen wir durch eine Schleuse und uns vorher und nachher entsprechend umziehen - Das kostet uns sehr viel Zeit. Ich habe eher Bedenken, in den Supermarkt zu gehen, von jemandem angehustet zu werden und mich dabei anzustecken."

Was war das Schlimmste, was sie während der Pandemie erlebt haben?
"Das Besuchsverbot ist sehr schlimm für die Patienten. Das sehen wir daran, wenn COVID-19-Patienten alleine sterben. Wenn jemand stirbt und dabei nicht begleitet wird, ist das schrecklich. In solchen Fällen geben wir den Angehörigen die Möglichkeit, ausnahmsweise den Patienten zu besuchen. Es gibt natürlich auch Angehörige, die haben selbst Angst oder gehören zu einer Risikogruppe und können daher den sterbenden Patienten nicht begleiten."

Was gibt Ihnen die Kraft, tagtäglich unter so einem hohen Arbeitspensum zu arbeiten?
"Ich habe das Glück, ganz tolle Kollegen zu haben. Wir geben uns gegenseitig Kraft und sind füreinander da - das ist einzigartig und ich schätze das sehr. Wir geben hier jeden Tag unser Bestes und bauen uns gegenseitig auf."

Was möchten Sie Menschen außerhalb des Uniklinikums mitgeben?
"Bitte haltet die AHA-Regeln ein - das ist so wichtig und kann Leben retten. Ich kann die Menschen nicht verstehen, die Corona auf die leichte Schulter nehmen. Es betrifft sie nicht, bis es sie trifft. Wir müssen unbedingt unsere Risikogruppen schützen, denn sie haben wenig Chancen, sollten sie sich mit dem Corona-Virus infizieren."

Wenn Sie nochmal vor der Berufswahl stehen würden, würden Sie wieder Krankenschwester werden?
"Auch jetzt in der Pandemie sage ich ganz klar: Der Beruf als Krankenschwester ist mein absoluter Traumberuf - ich würde diesen direkt wieder auswählen, das ist absolut mein Ding. Ich pflege sehr gerne die Patienten und mag es, einen direkten Draht zu ihnen zu haben."

Das Interview wurde im Dezember 2020 geführt.