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Klare Kriterien für Straßennamen

Stadtplan mit der Heilmeyersteige

© GeoBasis-DE / BKG2018

Straßen, die den Namen historischer Persönlichkeiten tragen, sorgen in vielen Städten für Diskussionen. In Ulm ist das Thema letztes Jahr durch die Heilmeyersteige aufgekommen. Denn über den Gründungsrektor der Universität Ulm Ludwig Heilmeyer gibt es neue Erkenntnisse, die seine Rolle im Nationalsozialismus und seinen Umgang mit NS-Verbrechen betreffen. Die Stadt hat nun Kriterien festgelegt, anhand derer Straßennamen künftig vergeben, geprüft und ggfs. geändert werden.

Straßennamen sind eine Ehrung für den Namensgeber oder die Namensgeberin. So auch im Fall Heilmeyer, dessen wissenschaftliche Leistungen unbestritten sind. Allerdings haben jüngste Untersuchungen gezeigt, dass er unter anderem die im Nationalsozialismus begangenen Verbrechen mit rassistischen Argumenten verharmlost hat.

Bürgermeisterin Iris Mann erläuterte vor dem Gemeinderat, dass in solchen Fällen zwei Schritte notwendig sind. Zunächst wird die Biographie des Namensgebers mithilfe der Kriterien ganzheitlich bewertet. Sollte das Ergebnis belastend oder zwiespältig sein, geht es im zweiten Schritt um die angemessene Konsequenz. Denn eine Umbenennung, die für die Anwohnerinnen und Anwohner mit gewissen Kosten und Aufwand verbunden ist, ist nicht die einzige Möglichkeit. Als Alternative kann z.B. unter dem Straßenschild eine Zusatzinformation angebracht werden, die sich mit dem Namensgeber kritisch auseinandersetzt.

Der Gemeinderat stimmte den Kriterien am 14. November 2018 zu. Er ist es auch, der letztendlich über die Straßennamen entscheidet.

  • Einsatz für das Gemeinwohl, für Demokratie und Rechtsstaat
  • Besondere Leistungen in Wissenschaft, Sport, Musik, Kunst, Literatur etc.
  • Hohes Ansehen und Akzeptanz in der Bevölkerung
  • Besondere Bedeutung für Ulm
  • Opfer beispielsweise nationalsozialistischen Terrors
  • Erinnerungswürdigkeit aufgrund des besonderen Bezuges zum jeweiligen Ort
  • Ausgewogenes Verhältnis zwischen Männern und Frauen

  • Die Benennung nach einem ehemaligen Funktionsträger / einer ehemaligen Funktionsträgerin des nationalsozialistischen Regimes oder eines anderen Unrechtsstaats.
  • Die Beteiligung von Benannten an Verbrechen, insbesondere an Verbrechen gegen die Menschlichkeit, auch wenn diese in Kolonial- oder Kriegszeiten stattgefunden haben. „Verbrechen“ beinhalten nicht nur Morde, sondern beispielsweise auch Deportationen, Raub, Körperverletzung, Einschüchterung, öffentliche Demütigungen, Enteignung, Vorteilnahme und dergleichen mehr.
  • Die politische Propagierung von NS-Gedankengut, Rassismus, rassischem Antisemitismus, völkischem Nationalismus und anderen menschenverachtenden Ideologien durch die Benannten.
  • Verstrickungen der Benannten in Verbrechen eines Unrechtsstaats und/oder Bereicherung an den Opfern.
  • Demokratiefeindliches Verhalten nach dem Ende der NS-Diktatur oder eines anderen Unrechtsstaats (keine erkennbare Bereitschaft zum Umdenken und keine nachweisliche kritische Selbstreflexion, keine Distanzierungen durch öffentliche Bekundungen und Handeln im neuen Staat, kein Einsatz für die Demokratie).
  • Die aktive Beteiligung bzw. das Hinwirken auf die Abschaffung eines demokratischen Systems.

  • Umbenennung der Straße
    Als neue Namen werden häufig demokratische Antagonisten, Opfer der belasteten, ursprünglichen Namensgeber oder nicht belastete Standeskollegen gewählt.
  • Umbenennung eines Teilstücks der Straße bzw. einer anliegenden Grünfläche
    Das Teilstück kann nach einem Gegenspieler bzw. Gegenspielerin der umstrittenen Person benannt werden.
  • Umwidmung
    Theoretisch besteht die Möglichkeit, die Straßen einer anderen Person zu widmen, die den gleichen oder ähnlichen Namen wie der ursprüngliche Namensgeber besitzt.
  • Beibehaltung des Straßennamens mit Kommentierung, Zusatzinformation
    Ein Ergänzungsschild unter dem Straßenschild setzt sich mit der Geschichte auseinander.
  • Beibehaltung des Straßennamens
    In nahezu allen Städten wird der Name kommentarlos beibehalten, wenn die Belastung einer Person geprüft wurde und die Beurteilung so positiv ausfällt, dass diese Person ihren Vorbildcharakter behält.